Reisen mit Packtier – Im Schritttempo zur Entschleunigung

Alice/ Oktober 23, 2016/ Motivation, Tagebuch/ 9Kommentare



Die Natur gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen. Und sie tut dies mit bedingungsloser Ausdauer, Gelassenheit und Gleichmut.

Zu Fuß unterwegs mit Packtier und Hund. Für diese Form des langsamen Reisens habe ich mich vor über einem Jahr entschieden und ich bin glücklich über diese Veränderung in meinem Leben.

Seit Sommer letzten Jahres ziehe ich als Wandernomadin zusammen mit meinen treuen Vierbeinern von Deutschland durch Frankreich – ohne konkretes Ziel. Immer weiter Richtung Süden soll es gehen, wohin genau, das ist ungewiss und unbedeutend. Nicht das Ziel ist entscheidend, sondern der Weg.
Immer dabei habe ich mein Zelt, einen mobilen Weidezaun für das Pferd und meine bescheidene Outdoorküche. Das Nachtlager schlage ich dort auf, wo es am schönsten ist – am besten mit genügend Grünfutter für das Pferd, einer erreichbaren Wasserquelle, windgeschützt und abgelegen mit schönem Ausblick.

Wanderpferd-Lagerplatz

Freude an den kleinen Dingen des Lebens

Folgendes Zitat stammt von Günter Wamser – Dem Abenteuerreiter:

Wenn man noch nie richtig Durst hatte, weiß man das Glas Wasser nicht zu schätzen. Wenn man nie richtig fror, bedeutet einem der Sonnenschein am Morgen nicht so viel. Wenn man tagelang in nassen Klamotten rumläuft, begreift man, wie gut es tut, wieder ein trockenes T-Shirt anzuziehen. Diese kleinen Sachen empfinde ich als Bereicherung.“
Wer alleine und nur mit einem Rucksack bepackt oder mit einem Packtier loszieht, das Zelt in der Wildnis aufschlägt und im Schritttempo zu Fuß durch die Natur streift, der wird beginnen sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu besinnen. Die unbedeutenden Nebenschauplätze hingegen werden sich auflösen und verlieren an Bedeutung.

Diese langsame Art des Reisens bringt uns zurück zu unseren Wurzeln und macht das Wesentliche offensichtlich.

Wanderpferd-Morgengrauen

Die Uhrzeit, der Tag, die Woche und das Jahr werden unwichtig. Die Natur gibt uns ihren eigenen Rhythmus vor und nimmt uns nicht selten eine Entscheidung ab.

Nun gibt es keine Mauern mehr hinter denen wir uns einschließen können, um uns vor Regen, Wind und Temperatur zu schützen. Wenn es dunkel wird, kannst du nicht einfach wieder die Sonne einschalten, damit es hell wird.Und wenn du dich zum Schlafen hinlegst, dann gibt es keine Tür, die du mit einem sicheren Schloss verriegeln kannst, um dich vor Einbrechern zu schützen. Draußen in der freien Natur wird man vergeblich nach Bequemlichkeiten suchen. Mahlzeiten beschränken sich auf das, was du in deinem Rucksack mit dir trägst und sind nach einer langen Wanderung auch eher Mittel zum Zweck. Auf einmal wird bewusst, wie viel wichtiger die enthaltenen Nährstoffe wird, als der Geschmack und Genuss einer Mahlzeit. Und die Zubereitung einer warmen Mahlzeit kann zu einer echten Herausforderung werden, wenn uns das Wetter mit Wind und Regen beglückt. Fließend warmes Wasser für eine ausgiebige und entspannende Dusche gibt es nur in besonderen Ausnahmen. Stattdessen bietet uns die Natur reichlich fließendes Quellwasser, einen See oder Fluss zum Baden – erfrischend kalt und gesund.

Wanderpferd-Jammin

Bäume haben keine Steckdosen, in die wir wie selbstverständlich unser Handy-Ladegerät einstecken könnten um unser Mobiltelefon aufzuladen. Strom gibt es in der Natur also nicht bzw. immer nur dort, wo es auch Menschen gibt.

Wer eine Weile unter den ungewohnt rauen Bedingungen der Natur gelebt hat, dem wird sich eine neue Welt offenbaren, die dich mit ihrer Schönheit verzaubern wird. Neue eigene Stärken kommen ans Tageslicht und innere Ruhe sowie Gelassenheit stellen sich ganz von selbst ein. Dieses Leben ist anders, keine Frage. Aber alles, was auf den ersten Blick vielleicht abschreckend wirken mag, wird schnell zur ganz normalen Realität. Das, was zu Beginn noch als ungewohnt und merkwürdig erlebt wird, fühlt sich auf einmal vertraut an. Und jedes neue Erlebnis bringt neue Erkenntnisse und führt uns immer einen Schritt weiter auf der großen Reise zu uns selbst.

Wanderpferd-Der Weg

Sich auf die einfachen Dinge besinnen

Eckhart Tolle schreibt in seinem Buch ‚Stille spricht‘:

„Von der Natur hängt nicht nur unser physisches Überleben ab. Wir brauchen die Natur auch, weil sie uns den Weg nach Hause zeigen kann, den Weg aus dem Gefängnis unseres Denkens heraus. Wir haben uns im Handeln, Denken, Erinnern und Vorausplanen verloren – haben uns verirrt in einem Labyrinth verwirrender Komplexität und in einer Welt voller Probleme. Wir haben vergessen, was Steine, Pflanzen und Tiere noch immer wissen. Wir haben vergessen, dass wir einfach sein können – still sein, da sein, wo das Leben ist: hier und jetzt.“

Wanderpferd-schoene Aussicht

Die Natur ist still. Sie verstrickt sich und andere nicht in einem Wirrwarr aus Gedanken. Die Natur definiert sich nicht ständig selbst neu. Sie ist einfach, wie sie ist.

Alleine sein bedeutet nicht gleichzeitig einsam zu sein. Einsam wird man dann, wenn man unfreiwillig alleine ist und sich innerlich dagegen sträubt. Selbst unter Menschen kann man sich einsam fühlen, was dadurch entsteht, wenn man sich nicht zugehörig fühlt, abgegrenzt und sich nicht wohl in der eigenen Haut ist. Doch das alles hat nichts mit dem freiwillig, selbst gewählten Alleine-Sein zu tun. Alleine mit sich selbst sein können und sich dabei gut fühlen ist eine große Bereicherung. Alleine Sein bedeutet zur Ruhe zu kommen, sich innerlich frei zu machen, leicht werden, das Gedankenchaos zu beseitigen und vom unbewussten Zustand in einen bewussteren Zustand überzugehen. Sich dem Hier und Jetzt bewusst werden. Den Augenblick genießen, vergessen, was gestern war und nicht an morgen zu denken. Die Dinge zu nehmen, wie sie sind.

Wanderpferd-Sonne

Pferd und Hund – treue und stille Begleiter auf der Reise

Das Pferd strahlt Ruhe und Gelassenheit aus und dies färbt schließlich auch auf mich ab. Die gemeinsame äußere Stille lässt mich auch innerlich leise werden. Die Gedanken verfliegen, werden ruhiger und lösen sich auf. Vollkommene Stille. Auf einmal werden die Sinne geschärft, ich nehme Gerüche viel intensiver war, erkenne kleinste Bewegungen auf dem Boden, in den Büschen und am Himmel. Ich spüre den Druck unter meinen Füßen mit jedem einzelnen Schritt und das kitzeln an meiner Nasenspitze, wenn der Wind mein Gesicht streift. Wenn ich durch die Natur wandere, dann fühle ich mich frei und als Teil des Ganzen, zugehörig und vollkommen.

Die Gedanken werden leiser und leiser…

Wanderpferd - mit Pferd und Hund

Mein Name ist Alice und im Sommer 2015 bin ich mit meinem Pferd und Hund losgezogen um von Deutschland aus in den Süden Europas zu wandern. Die Natur ist mein Zuhause geworden und sie bestimmt von nun an den Lebensrhythmus. Aus Langsamkeit und Stille schöpfe ich meine Kraft und lasse mich jeden Moment neu inspirieren.

9 Kommentare

  1. Liebe Alice,
    wie schön von Dir zu hören! Deine Bilder und Texte bringen immer etwas ganz tief drin in mir zum schwingen. Etwas was sich ganz richtig und gut anfühlt. Davon kann ich gar nicht genug bekommen 🙂 Ein sicherer Kompaß. Manchmal geht einem das Gefühl verloren. Es ist verschüttet. Manchmal findet man es selbst wieder und manchmal findet es einen wieder. Dann weiß man genau : das ist es was ich will.
    In diesem Sinne und auch sonst , freue ich mich immer wieder von dir zu hören.
    Liebe Grüße
    Jana

    1. Liebe Jana,
      wie schön auch deine Worte sind. Da wird es mir warm ums Herz und ein Lächeln kommt auf.
      Du hast recht, auch mir passiert es immer wieder, dass ich mich selbst verliere, vom Weg abkomme und nicht mehr so recht weiß, welche Richtung ich einschlagen soll. Einmal sagte ein Freund zu mir: „Nur wenn du dich verlierst, kannst du dich auch finden“. Und damit gab er mir einen wirklich guten Wegweiser mit auf die Reise des Lebens.
      Liebe Grüße
      Alice

  2. Hallo „lice“,

    Ganz, ganz toll be/-geschrieben. Da kommen Gefühle und Gedanken hoch, wie hoch man sich selbst seine eigenen prioritäten setzt und wie unwichtig die eigentlich doch sind. In gewisser Weise beneide ich dich um diese Erfahrung und ich ziehe meinen Hut vor dir.

    Es ist schön, mal wieder was von dir zu lesen. Halte durch und geh weiter deinen weg. Du kannst stolz auf dich sein.

    Wir drücken dich ganz fest … Heike und rosalie

  3. Hallo Alice !
    Auch ich bin seit vielen Jahren leidenschaftliche Wanderreiterin und kann sehr gut verstehen was dich bewegt. Jeden deiner Sätze verstehe ich so gut.
    Ich wünsche dir, dass du irgendwann richtig „bei dir selbst“ ankommst und dass du die Liebe zu deinen 4beinigen Freunden und der Natur niemals verlierst….

  4. Wenn es dich mal wieder in den Süden zieht und du „reif für die Insel“ bist, dann auf Sizilien & dem grünen Abenteuerberg mit Meerblick auf weitere sieben Aeolischen Inseln stets willkommen. Ebenso auf unserer anstehenden Europareise mit sizilianischem Bauernkarren und Großesel Herkules – sowie weiteren umweltfreundlichen Weltreisen.

    Bei Interesse Meer 🙂
    http://www.erlebe-abenteuer.de

    1. Das klingt ja toll! Besten Dank für die inspirierende Nachricht und das tolle Angebot. Werde definitiv drüber nachdenken.
      Bis dahin, euch weiterhin viel Freude 🙂
      Liebe Grüße
      Alice

  5. Liebe Alice!
    So eine wunderschöne Webseite und toller Facebookblog 🙂

    Ich habe gerade eine wenig im Internet gestöbert, da ich im August mit einer Freundin und unseren drei Ponys auf Wanderung gehe, da bin ich auf dich gestoßen. Habe mir ganze viele Inspirationen von dir geholt!! Danke dafür.

    Bin schon sehr gespannt, was uns auf der 5 tägigen Reise erwartet!

    Liebe Grüße und weiterhin alles Gute 🙂
    Sina

    1. Ach wie schön. Das freut mich zu hören 🙂
      Wünsche euch ganz viel Spaß und Freude auf eurer Reise.
      Liebe Grüße
      Alice

  6. Hallo liebe Alice,
    Dein Blog hat mich tief berührt .
    Wie geht es dir Und deinen Tieren? Seit ihr noch unterwegs?
    Liebe Grüße Andrea

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